Meinungsbildung und der vermeintlich beste Whiskys der Welt

 

Im Rahmen eines Tastings fragte vergangene Woche ein Teilnehmer: „Kommt nicht der beste Whisky der Welt aus Japan?“. Auf meine Nachfrage wie er darauf komme, meine er: „… der hat doch einen internationalen Preis gewonnen, als bester Whisky der Welt“. Ich frage, welcher Preis dies denn gewesen sei. Darauf gab es keine bestimmte Antwort. „Es stand halt so in der Zeitung“. Spannend ist, dass ich diesen Dialog so oder so ähnlich jede Woche führe und dies nun schon seit mehr als einem Jahr. Schaut man zurück in den November 2014 finden sich tatsächlich folgende Zeitungsmeldungen: „DIE WELT“ 04.11.2014: Weltbester Whisky kommt erstmals aus Japan. Bittere Niederlage für die Schotten. Auszeichnung für den weltbesten Whisky geht erstmals an eine japanische Brennerei.Handelsblatt“ 05.11.2014 Die Auszeichnung für den weltbesten Whisky geht erstmals nach Japan. Eine Niederlage für die Schotten, die ihren Scotch so gerne rühmen. „Stern04.11.2014: Blamage für Schottland: Bester Whisky der Welt kommt aus Japan.N24“ 03.11.2014: Zum ersten Mal kommt der offiziell beste Whiskey der Welt aus Japan. In Schottland ist die Enttäuschung riesengroß. „FAZ“ 04.11.2014: Blamage für Schottland In der Rangliste der weltbesten Whiskys kommt in diesem Jahr erstmals kein einziger Scotch unter die besten fünf. „BILD“ 13.11.2014: Schotten-Schlappe: Der beste Whisky der Welt kommt aus Japan.

Die Liste ähnlich lautender Meldungen ließe sich noch fortführen. Kein Wunder also, dass sich die Einschätzung vieler Whiskytrinker bezgl. des „besten Whiskys der Welt“ so lange hält und immer wieder formuliert wird. Wenn die gesamte etablierte Presse es meldet muss es auch so sein. Was ist aber der Hintergrund dieser Schlagzeilen? Hier wird von „Auszeichnung“ gesprochen oder von „offiziell bestem Whisky“. Wurde ein internationaler Whiskypreis einer Fachjury vergeben? Gab es eine „Whiskyolympiade“? Gab es eine repräsentative Umfrage unter tausenden von Whiskyfans? Oder hat ein renommiertes Whiskyfestival einen Preis vergeben? Nichts von alle dem. Ein einzelner Journalist schreibt jährlich ein Buch mit seinen ganz individuellen und eigenen Einschätzungen zu vielen Whiskys dieser Welt. Jim Murray. Er nennt sich selbst den „Whiskypabst“ und sein Buch natürlich „Die Whisybibel“. Wer ist dieser Jim Murray? Geboren 1957 in England hat er 13 Jahre für die englische Yellowpress gearbeitet. U.a. für den Daily Star. Nach dem Besuch einiger Whiskydestillerien in Schottland entdeckt er seine Freude an dem schottischen Nationalgetränk. 1994 schreibt er seinen ersten Almanach zum Thema. 2003 erscheint die erste „Whiskybible“. Er bewertet nach eigenen Angaben rund 1000 Whiskys pro Jahr. Dies wären bei einer üblichen Arbeitswoche von fünf Tagen rund 4 Whiskys pro Tag. Da Jim Murray von sich selbst behauptet, dass er mehr Destillerien besichtigt hat als jeder andere Mensch und er nicht selten zu Podien und anderen Veranstaltungen eingeladen wird, dürfte sich die Zahl der zur Verfügung stehenden Verkostungstage wohl noch reduzieren. Wie auch immer, es sei Jim Murray unbenommen seine Meinung kund zu tun. Aber genau das ist es auch, nicht mehr und nicht weniger, die Meinung des Journalisten Jim Murray. Was also bewegt die versammelte Presse zu solchen Headlines? Ohne jede empirische Erhebung oder repräsentative Verleihung den „weltbesten Whisky“ den Japanern zuzuordnen. Sicher werden in Japan gute Whiskys gemacht. Die Japaner werden sich über soviel Presse sicher gefreut haben. Nun könnte man dem Leser vorhalten, dass er die jeweiligen Artikel nicht aufmerksam oder überhaupt gelesen hat. Dem Text hätte man meist entnehmen können, dass sich die Bewertung ausschließlich auf das Buch von Jim Murray bezieht. Aber wer liest schon noch über die Headlines hinaus? Ein flüchtiger Blick auf die im Smartphone aufpoppende Schlagzeile und schon ist die Meldung zu Wissen geworden.

Das ganze hat jedoch auch direkte Auswirkungen auf den Markt. Japanische Whiskys waren ende 2014 urplötzlich ausverkauft. Der von Murray gerühmte Yamakazi sowieso aber auch alle anderen Whiskys aus Japan. Den Japanern sei es gegönnt. Auch Jim Murray sei es gegönnt, dass sich sein Buch bei soviel Presse wie „geschnittenes Brot“ verkauft. Aber diese Episode stimmt mich dennoch nachdenklich. Entsteht so Meinungsbildung? Ist das die Qualität von deutschem Journalismus? Sicherlich ist Whisky nicht das wichtigste Thema der Welt. Zumindest nicht für die meisten Menschen. Aber was, wenn bei viel gewichtigeren Themen unserer Zeit die Meinung der Menschen genauso bestimmt wird? Welche Schlagzeile gibt da den Ausschlag für die Bewertung einer komplizierten und komplexen Problematik? Das Bild mit dem kleinen, weinenden Flüchtlingskind oder die Schlagzeile über eine Vergewaltigung durch einen Flüchtling? Reicht es wirklich nur Schlagzeilen und Twitternachrichten zu lesen? Wäre es nicht dringend angebracht sich mit den Themen unserer Zeit intensiver auseinander zu setzten? Mehr zu hinterfragen?

Aber vielleicht bezieht sich meine Beobachtung auch nur auf das Thema Whisky und bei Wichtigerem ist es anders. Beunruhigend ist es für mich dennoch.

Übrigens hat Jim Murray auch ende 2015 wieder seine neue „Bibel“ vorgestellt. Er muss halt auch von irgendetwas leben. Und siehe da, der Gewinner kommt aus Kanada. Unter den ersten fünf finden sich nur nordamerikanische Bourbons und kein Scotch. Murray hat mittlerweile seinen Wohnsitz nähe Frankfort in Kentucky, USA. Ein Schelm wer böses denkt. Na ja, er ist auch Engländer und ist damit sicher nicht der Erste seiner Nation der den Schotten das Leben schwer macht.

Charles MacLean, echter Whiskyexperte und Autor von zehn Büchern über Whisky, hat sich mit der neuerlichen Meldung auseinandergesetzt sagte: „Man sollte Gleiches mit Gleichem messen. Kanadischer Whisky erlaubt alle möglichen Zutaten wie etwa Pflaumensaft zum Süßen. Beim Scotch ist das verboten, da dürfen nur die Rohmaterialien verwendet werden.“

Faktenrecherche und Auseinandersetzung ist anstrengend, bringt aber immer die besten Ergebnisse. (PK)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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